
Erwartungen - hier können Sie lange warten
Kennen Sie folgende Situation: Sie haben ein ganz bestimmtes Verhalten von einer Person erwartet und was passiert: Nichts! Ärger, Enttäuschung und Traurigkeit sind oftmals die vorherrschenden Emotionen in solchen Momenten. Wir bringen uns damit in eine Art von Abhängigkeit. Wir (er-) warten, dass andere ein von uns gewünschtes Ergebnis auf die von uns gewünschte Art und Weise erbringen. Ist das real? Wer will hier eigentlich was?
Erwartungen sind unerfüllte Bedürfnisse
Hinter unseren Erwartungen steckt ein Motiv: wir wollen, dass unser Gegenüber ein oder mehrere uns innewohnende/s Bedürfnis/se erfüllt. Das ist eine Strategie: Der Andere wird zum Erfüllungsgehilfen unserer persönlichen, unerfüllten Bedürfnisse. Im Alltag sind wir der Ansicht, dass wir dann zufrieden sind, wenn unsere Erwartungen erfüllt werden. Es bleibt dabei jedoch völlig offen, wann und wie viel Erfüllung zu einem Gefühl von Zufriedenheit in uns führt. Erwartungen sind Strategien, die sich oft als Fata Morgana erweisen und zu zwischenmenschlichen Konflikten beitragen. Wir finden Gründe, warum der/die andere Person Schuld daran ist, dass es uns nicht gut geht. Leider führen wir unsere Unzufriedenheit nicht auf uns selbst zurück. Dazu ist es notwendig, dass wir ergründen, was uns wirklich bewegt - was wir wirklich wollen.
Bedürfnisse sind individuell und variieren zeitlich
Hinter jeder Handlung (oder auch Nicht-Handlung) und jeder Aussage steht der Versuch, persönliche Bedürfnisse zu erfüllen. Unsere Erwartungen sind ein Spiegel unserer eigenen unerfüllten Bedürfnisse, die wir projizieren. Die von uns gewählten Handlungsstrategien sind jedoch nicht immer geeignet, die dem Verhalten zugrunde liegenden Bedürfnisse zu erfüllen. Wie finden Sie heraus, welche Bedürfnisse sich hinter Ihren Erwartungen verstecken? in diesem Blog möchte ich Ihnen eine Übung zeigen, mit der Sie unerfüllten Bedürfnissen auf die Spur kommen.
Bedürfnisliste
Autonomie
- Eigenverantwortlichkeit
- Selbständigkeit
- Freiheit
- Unabhängigkeit
- Raum, Platz
- Echtheit, Authentizität
- Selbstachtung
- Selbstbestimmung
- Selbstvertrauen
- Entwicklung, Wachstum
- Integrität, Stimmigkeit
- Wirksamkeit
- Ehrlichkeit
- Bewusstsein in Bezug auf die eigenen Träume, Ziele und Werte und die eigenen Pläne zu deren Erfüllung
Sicherheit
- Ordnung, Klarheit, Struktur
- Stabilität
- Unterstützung
- Förderung
- Beständigkeit
- Vertrauen
- Gleichberechtigung
- Fairness
- Aufrichtigkeit
- Stimmigkeit
- Finanzielle Unabhängigkeit
- Ein Zuhause
Soziale Bedürfnisse
- Angenommen Sein
- Anerkennung
- Wertschätzung
- Würdigung
- Respekt
- Achtung
- Gesehen werden
- Beitragen, sich beteiligen
- Bildung
- Verständnis, Verstehen
- Einfühlung, Mitgefühl
- Wärme, Liebe
- Nähe, Zärtlichkeit
- Geborgenheit
- Kommunikation
- Zugehörigkeit
- Verbindung
- Zuverlässigkeit
- Vertrauen
- Resonanz
Kreativität
- Spaß, Freude
- Entwicklung
- Lernen
- Entdecken
- Inspiration, Neugier
- Offenheit
Sinnhaftigkeit
- Bedeutsamkeit
- Herausforderung
- Hoffnung
- Begeisterung
- Inspiration
- Harmonie
- Spiritualität, Glauben
- Gemeinschaft
- Leichtigkeit
- Erfolg
Körperliches Wohlbefinden
- Luft, Wasser, Nahrung
- Licht, Wärme
- Schlaf
- Berührung
- Bewegung
- Sexualität
- Stille
- Gesundheit
- Vitalität, Kraft
Erholung
- Innerer Frieden
- Ruhe
- Entspannung
- Schönheit
- Leichtigkeit
- Welche Gefühle haben Sie im Zusammenhang mit der Unerfülltheit dieses Bedürfnisses?
- Wofür ist die Erfüllung dieses Bedürfnisses für Sie wichtig?
- Wie fühlen Sie sich, wenn das Bedürfnis erfüllt ist?
- Welche Strategien haben Sie bisher gewählt, um das jeweilige Bedürfnis zu erfüllen?
- Wie erfolgreich waren diese Strategien?
- Welche alternativen Strategien haben Sie, um das Bedürfnis zu erfüllen?
Eine Übung: Reflexion der eigenen Bedürfnisse
Schritt 1: Erfüllte und unerfüllte Bedürfnisse
Schauen Sie sich die Liste der Bedürfnisse an und markieren Sie mit einer beliebigen Farbe all jene Bedürfnisse, die Sie derzeit in Ihrem Leben als erfüllt ansehen. Dann wählen Sie eine weitere Farbe aus und gehen die Liste ein zweites Mal durch und markieren jetzt alle derzeit unerfüllten Bedürfnisse.Schritt 2: Fragen zur Reflexion
Wählen Sie aus den markierten unerfüllten Bedürfnissen 1 bis 2 aus, die für Sie besonders bedeutsam sind und beantworten Sie für diese folgende Fragen:Nicht warten, sondern handeln
Wenn Sie bemerken, dass Sie Erwartungen gegenüber einer anderen Person haben, warten Sie nicht länger! Es ist unsere Verantwortung und selbst gegenüber, die eigenen persönliche Bedürfnisse zu reflektieren und durch unsere Handlungen in eine Erfüllung zu bringen. D. h. nicht, dass wir alles alleine tun müssen, es bedeutet vielmehr, Selbstwirksamkeit zu erfahren und gleichzeitig Interaktionen mit anderen Menschen zu leben, die nicht an Bedingungen geknüpft sind.
Quelle: Rosenberg, M. (2012)